Zugegeben: Es ist nicht ganz einfach, durch die Definitionen von „zuckerfrei“ zu blicken. Deshalb erkläre ich dir in diesem Beitrag, was Zucker überhaupt ist (biochemisch betrachtet, aber möglichst einfach erklärt).
Außerdem erfährst du in diesem Beitrag, was es mit den Werbeaussagen „zuckerarm“, „zuckerfrei“, „zuckerreduziert“ und „ohne Zuckerzusatz“ auf sich hat (und warum beispielsweise Light-Softdrinks als „zuckerfrei“ bezeichnet werden dürfen).
Und zum Schluss findest du meine persönliche Definition von „zuckerfrei“ – los geht’s!
Kohlenhydrate einfach erklärt
Zucker gehört zur Gruppe der Kohlenhydrate und wird in Einfachzucker (Monosaccharide), Zweifachzucker (Disaccharide), Mehrfachzucker (Oligosaccharide) und Vielfachzucker (Polysaccharide) unterteilt.
Die Unterschiede erkläre ich dir kurz und einfach:
Einfachzucker
Einfachzucker (Monosaccharide) bestehen aus nur einem Zuckermolekül und bilden die Bausteine für Zwei-, Mehrfach- und Vielfachzucker. Zu den wichtigsten Einfachzuckern zählen:
- Glukose (Traubenzucker)
- Fructose (Fruchtzucker) und
- Galaktose (Schleimzucker, z. B. in Milch enthalten).
Einfachzucker schmecken süß und kommen natürlicherweise nur in Obst, Honig und Milch vor.
Zweifachzucker
Wenn ich über „Zucker“ schreibe oder spreche, dann meine ich in der Regel Industrie- oder Haushaltszucker, also den Zweifachzucker (Dissaccharid) „Saccharose“, der aus einem Molekül Glukose und einem Molekül Fructose besteht. Saccharose ist der bekannteste Zucker, der bei der industriellen Verarbeitung der Zuckerrübe oder des Zuckerrohrs isoliert und in mehreren Schritten zu Kristallzucker verarbeitet wird. Ebenfalls zu den Zweifachzuckern zählt unter anderem Lactose (Milchzucker), die aus einem Molekül Glucose und einem Molekül Galactose besteht. Milchzucker ist für viele Erwachsene schwer verträglich, weil diese (im Gegensatz zu Säuglingen) das Enzym Lactase zur Spaltung der Lactose nicht mehr bilden können.
Mehrfachzucker
Mehrfachzucker (Oligosaccharide) wie Stachyose und Verbascose bestehen aus 3-9 Ein- fachzuckermolekülen. Sie stecken vor allem in Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchten. Sie schmecken zunächst nicht süß – erst bei langem Kauen spalten Enzyme im Mund die Stärke in Zucker auf.
Vielfachzucker
Vielfachzucker (Polysaccharide) bestehen aus zehn oder mehr Einfachzuckermolekülen. Dazu zählt zum Beispiel Stärke, die in pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide (Gebäck, Brot, Nudeln), Reis, Mais, Kartoffeln und anderen Knollen- und Wurzelgemüsen (z. B. Möhren) steckt. Unverzweigte Stärke (z. B. aus Vollkorngetreide) lässt den Blutzuckerspiegel nur lang- sam ansteigen. Verzweigte Stärke (z. B. aus Weißmehl) dagegen noch schneller als manche Einfach- oder Zweifachzucker.
Werbeaussagen auf Nahrungsmitteln (Health Claims Verordnung)
Die sogenannte „Health Claims Verordnung“ definiert, mit welchen nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben Hersteller und Produzenten ihre Produkte bewerben dürfen. Wann ein industriell hergestelltes Nahrungsmittel als „zuckerfrei“, „zuckerarm“, „zuckerreduziert“ oder mit dem Zusatz „ohne Zuckerzusatz“ beworben bzw. deklariert werden darf, ist in der Verordnung (EU) Nr. 1924/2006 genau festgelegt:
- zuckerarm: bei Nahrungsmitteln dürfen maximal 5 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten sein, bei Getränken 2,5 Gramm pro 100 Milliliter
- zuckerfrei: es dürfen nicht mehr als 0,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm oder 100 Milliliter enthalten sein
- zuckerreduziert: Ein- und Zweifachzucker sind gegenüber vergleichbaren Produkten um mindestens 30 % verringert
- ohne Zuckerzusatz: diese Angabe ist nur zulässig, wenn das Produkt keine zugesetzten Ein- und Zweifachzucker oder andere Zusätze mit süßender Wirkung (wie Honig, Sirup, Fruchtsüße) enthält.Wenn das Lebensmittel von Natur aus Zucker enthält, sollte das Etikett auch den Hinweis „Enthält von Natur aus Zucker“ enthalten.
Zugegeben: es ist nicht ganz einfach, durch diesen Begriffs-Dschungel zu blicken. Um die Werbeaussagen etwas anschaulicher zu machen, habe ich zwei Beispiele für dich:
Light-Softdrinks wie beispielsweise Cola Light dürfen als „zuckerfrei“ bezeichnet werden. Denn Cola Light enthält Wasser, Kohlensäure, den Farbstoff E 150d, Säuerungsmittel Phosphorsäure und Citronensäure, Süßungsmittel (Natriumcyclamat, Acesulfam K, Aspartam) und Aromen – aber eben keinen Zucker. „Zuckerfrei“ bedeutet also nicht, dass keine Süßstoffe zugesetzt wurden.
Kekse, die folgende Zutaten enthalten, dürfen als „zuckerarm“ bezeichnet werden, weil sie nur 1,4 g Zucker je 100 g enthalten: Haferflocken, Erythrit, Sonnenblumenöl, Dinkelmehl, Vollmilchschokolade mit Süßungsmittel (Xylit; Kakaobutter, Kakaomasse, Magermilchpulver, Sahnepulver, Butterreinfett, Emulgator: Lecithine (Sonnenblume); natürliches Vanillearoma), Xylit, Kakaopulver fettarm, Backtriebmittel: Natriumhydrogencarbonat; Säuerungsmittel: Diphosphat.
Du siehst: Die Werbeaussagen „zuckerfrei“ und „zuckerarm“ bedeuten nicht, dass die Produkte nicht süß sind – und davon, ob sie „gesünder“ sind, als beispielsweise selbstgemachte Kekse aus Haferflocken und Bananen oder Energy Balls, will ich gar nicht erst anfangen.
Wichtig ist aber: Die Health Claims Verordnung gilt nicht für Rezepte, wie ich sie hier auf meinem Blog und in meinen Büchern veröffentliche, sondern nur für die Bewerbung von industriell hergestellten Nahrungsmitteln.
Würde man die Health Claims Verordnung auf meine Rezepte „anwenden“, würden Energy Balls oder Bananen-Haferflocken-Kekse beispielsweise nicht als „zuckerfrei“ gelten. Aber sie sind „ohne Zuckerzusatz“ und enthalten „von Natur aus Zucker“.
Wie du vielleicht weißt, habe ich eine ganz entspannte und undogmatische Einstellung. Mein Ziel war nie, nie wieder Zucker zu essen. Manches schmeckt einfach nicht ohne jedes Süßungsmittel.
Wenn du Zucker zu 100 % meiden, aber gleichzeitig Süßes essen möchtest, funktioniert das leider nicht. Wie willst du einen süßen Kuchen ohne raffinierten Zucker backen, wenn du gleichzeitig auch jedes alternative Süßungsmittel weglassen möchtest? So kannst du herzhafte Speisen backen, aber eben nichts Süßes.
Ich bin aber sowieso kein Fan davon, sich vorzunehmen, nie wieder Zucker zu essen und ihn 100 %ig zu meiden. Hätte ich mir dies am Anfang meiner Reise vorgenommen, hätte ich keine zwei Tage durchgehalten.
Meine Definition von „zuckerfrei“
Oben habe ich es schon kurz geschrieben: Für mich bedeutet „zuckerfrei“ erst einmal einfach nur „frei von raffiniertem Zucker“, also ohne den klassischen Haushaltszucker.
Ich verwende alternative Süßungsmittel wie Datteln, Reissirup und manchmal ein wenig Kokosblütenzucker, wenn ich beim Backen die Konsistenz von raffiniertem Zucker benötige. Manche Rezepte gelingen nicht ohne (z. B. manche Kuchen) und viele Speisen schmecken einfach nicht ohne Süße.
Wenn ich ein Rezept veröffentliche, in dem ich Obst oder Trockenfrüchten zum Süßen verwende (wie zum Beispiel mein Banana Bread, Energy Balls mit Datteln oder Nicecream, bestehend aus gefrorenen Bananen), dann bezeichne ich diese auch als „zuckerfrei“, weil sie ohne Haushaltszucker auskommen. Wenngleich sie natürlich gesüßt sind.
Weshalb meine Definition von „zuckerfrei“ erst einmal „frei von raffiniertem Zucker“ ist, ist ganz einfach. Wenn ich raffinierten Zucker meiden möchte, muss ich das meiste sowieso selber kochen und backen, weil über 80 % der Nahrungsmittel, die wir im Supermarkt kaufen können, zugesetzten Zucker enthalten.
Und wenn ich selber koche und backe, entscheide ICH, ob und wenn ja, wie viel Süßungsmittel ich in eine Speise gebe.
Gleichzeitig war mir immer wichtig, „vom süßen Geschmack“ wegzukommen, weil das das „Erfolgsgeheimnis“ ist. Und das rate ich auch meinen Kunden immer wieder.
Das bedeutet nicht, dass man nie wieder Zucker essen darf. Das war nie mein Ziel. Denn das halte ich für nicht alltagstauglich und – mal unter uns gesagt – auch ziemlich spaßbefreit.
Ich möchte nicht dauerhaft verzichten, sondern mich gesund ernähren. Und dazu gehört auch eine gesunde Balance. Das bedeutet: ich finde es vollkommen in Ordnung, auch mal Schokolade, ein Stück Kuchen oder ein Eis zu essen. Und zwar die „ganz normale“ Schokolade, ein „ganz normales“ Stück Kuchen oder ein „ganz normales“ Eis. Mit raffiniertem Haushaltszucker.
Wenn du deinen Zuckerkonsum stark reduzierst, wird dir Süßes nämlich irgendwann einfach nicht mehr so gut schmecken und „zuckerfrei“ wird dein „ganz normal“. Für mich ist es kein Verzicht, dass ich nur noch sehr wenig raffinierten Zucker esse. Für mich ist das vielmehr ein großer Gewinn, denn ich habe viel mehr Energie, fühle mich wohler und habe keinen Heißhunger mehr.
Ich rate also nicht, raffinierten Zucker „einfach nur“ durch alternative Süßungsmittel zu ersetzen. Deshalb beginnt meine „Zuckerfrei“-Challenge ja auch damit, jegliche Süßungsmittel erst einmal komplett wegzulassen, um den Geschmackssinn zu „resetten.“
Letzten Endes musst du für dich entscheiden, wie du „zuckerfrei“ für dich definierst – ich nehme dich dabei aber gerne an die Hand.
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7 Kommentare zu „Was bedeutet „zuckerfrei“ eigentlich?“
Liebe Hannah,
vielen Dank für die vielen Infos. Ich bin seit Oktober letzten Jahres zuckerfrei unterwegs. Ich habe alle Deine Bücher und bin begeistert von Deiner Kreativität!
Nun aber ist die Erntezeit und ich habe, bei zwei Gärten und Tomatenzucht als Hobby, Mengen von Gemüse und Obst, die nicht frisch verzehrt werden können und auch nicht in die TK passen. Es wäre toll wenn Du mitüberlegen würdest bezüglich der Konservierung von Lebensmitteln und zuckergehalt, damit die Dinge sich auch ohne Kühlschrank im Glas im Keller halten.
Liebe Grüße, Karin
Hallo liebe Karin,
danke für dein Feedback, das freut mich sehr! Du kannst bestimmt einen Teil der Lebensmittel fermentieren, hast du das schon ausprobiert? (Funktioniert auch mit Tomaten und schmeckt sehr gut, wie ich finde.)
Liebe Grüße
Hannah
Liebe Hannah,
mir geht es da ähnlich wie Karin,auch wenn ich erst am Anfang stehe.Kann Dir nur sagen wie dankbar ich darüber bin,das Du Menschen hilfst sich aus diesen…na ich sage mal Teufelskreis zu befreien. Habe bislang 2 Bücher von Dir,aber ich denke das wohl noch(trotz Blog und HP) einige Bücher dazu kommen werden. Ganz grosses Lob für die Art und Weise wie Du hier Rezepte und Blogs veröffentlichst.
Vielen Dank und Alles Gute weiterhin.
Liebe Grüße
Thomas
Hallo Hannah!
Ich finde Deinen Blog und die Idee dahinter mega!
Ich bin jetzt am 8. zuckerfreien Tag und fand es manchmal schwierig, etwas zu finden, was ich jetzt essen mag, ich bin doch recht verwöhnt.
Aber ich glaube, ich finde gerade meinen Weg;).
Ich habe noch eine Frage:
In Zahnpasten, auch in denen von Naturkosmetikfirmen, und meinem Melantonin-Einschlaf-Spray sind Sorbit und Xylit enthalten.
Kann ich die Dinge trotzdem weiterverwenden?
Ganz lieben Dank für Dein Engagement und für’s Beantworten meiner Frage und sonnige Grüße,
Sari
Hallo liebe Sari,
Xylit hat ja eine kariogene Wirkung hat und mindert die Plaquebildung sowie die Produktion von zahnschädigenden Säuren, weshalb es in Zahnpasta verwendet wird. Ich verwende Zahnpasta mit Xylit und konnte keine negativen Auswirkungen auf den Zuckerverzicht bemerken. 🙂
Weshalb es in deinem Melantonin-Einschlaf-Spray enthalten ist, weiß ich nicht – wenn dich das näher interessiert, frag am besten einfach mal beim Hersteller nach. 🙂
Viele liebe Grüße
Hannah
Hallo 🙂
ich bin seit 10 Tagen bei der Zuckerfrei-Challenge dabei und bisher läuft es ganz gut finde ich. Mir fehlt das Süße aus dem Haushaltszucker gar nicht so sehr … allerdings esse ich weiterhin Obst, also Beeren und Wassermelone, als Alternative. Das ist vielleicht auch eine Soft-Version der Challenge, aber ich fühle mich damit wohl und finde für mich, die ich eigentlich jeden Tag wenigstens einen süßen Nachtisch brauche, schon ein sehr großer Schritt. 🙂
Die Rezepte aus Deinen Büchern finde ich bisher auch alle sehr einfach, schnell und lecker. Also, großes Lob 🙂
Viele Grüße
Julia
Hallo liebe Julia,
das klingt super und freut mich sehr! 🤗
Danke auch für deine lieben Worte! Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Spaß beim Nachkochen und natürlich auch weiterhin viel Erfolg!
Viele liebe Grüße
Hannah