Das Clean Eating Konzept wird immer bekannter und beliebter. Gleichzeitig gibt es von Zeit zu Zeit aber auch immer mal wieder größere oder kleinere „Lebensmittelskandale“. Im letzten Jahr standen die Billig-Brötchen und -Brote, die in den Backstationen von Supermärkten und Discountern vor Ort aufgebacken werden, unter anderem aufgrund der enthaltenen Zutaten im Fokus der Öffentlichkeit. Im Geschäft verführt der leckere, vermeintlich frische Duft der Backwaren die Kunden zum Kaufen – und auch der Preis von durchschnittlich 15 Cent für ein Brötchen und 2 Euro für ein Brot überzeugt viele.
Clean Eating Grundlagen: Die Zutatenliste richtig lesen
Würde man Brot oder Brötchen selber backen, braucht es neben Mehl, Hefe, Wasser und Salz eigentlich keine weiteren Zutaten. Die Zutatenlisten der Backshop-Waren hingegen hören sich eher nach Chemiebaukasten, als nach Backstube an. Wie bei den meisten Convenience-Produkten sind sie lang und unverständlich und „Otto Normalverbraucher“ hat keine Ahnung, was genau eigentlich hinter den jeweiligen Begriffen steckt. Während vielen Menschen bei industriell hergestellten Produkten wie Tütensuppen und Instant-Nudeln bewusst ist, dass diese keine „guten“ Zutaten beinhalten, ist dies bei anderen Produkten, wie den leckeren Brötchen aus dem Backshop, oftmals nicht der Fall.
Fast jedes Nahrungsmittel muss eine Zutatenliste haben – ausgenommen sind nur wenige Produkte, nämlich solche, die nur aus einer Zutat bestehen wie frisches Obst und Gemüse, Milch oder Haushaltszucker.
Bei allen anderen Nahrungsmitteln informiert die Zutatenliste über die Zusammenstellung des Nahrungsmittels. An erster Stelle der Zutatenliste steht die Zutat, von der am meisten im Produkt enthalten ist. In absteigender Reihenfolge folgen dann die restlichen Zutaten.
Oft kennt man die Zutaten, die auf der Zutatenliste stehen: Ein handelsübliches Himbeer-Joghurt enthält beispielsweise Joghurt, Himbeerzubereitung (mit Himbeeren, Zucker, Farbstoff: Echtes Kamin; Aroma), Zucker.
Auch wenn man in eine selbstgemachte Version wahrscheinlich nur Joghurt und Himbeeren geben würde (manch einer fügt vielleicht noch Zucker oder andere Süßungsmittel hinzu), sind „Aromen“ und der rote Farbstoff „Echtes Karmin“ zumindest vielen Käufern ein Begriff.
Die Zutatenliste von Instant Nudeln sieht da schon „etwas mehr“ nach Chemie-Unterricht aus: Weizenmehl, pflanzliches Öl (enthält Antioxidationsmittel E319), Tapiokastärke, Suppe (Geschmacksverstärker: E621, E627, E631), Sojasauce (Sojabohnen, Glukosesirup, Maltodextrin, Farbstoff E150c, Säuerungsmittel: E330, Aroma, Säureregulator E331), Hefeextrakt, Salz, Säureregulatoren E452, E500, E501, Verdickungsmittel E466, E412.
Ein Grundsatz des Clean Eating Konzeptes lautet, dass man nur Zutaten essen soll, die man auch aussprechen kann und bestenfalls auch kennt (Quinoa ist da eine Ausnahme ;-)). Optimalerweise sind in verarbeiteten Produkten nur Zutaten enthalten, mit denen man das entsprechende Gericht oder Nahrungsmittel auch selber kochen würde. Und ich habe weder Tapiokastärke noch ein Fläschchen Säuerungsmittel E330 in meinem Küchenschrank, die ich zum Kochen verwende.
Eine weitere Clean Eating Regel besagt, dass verarbeitete Nahrungsmittel höchstens fünf Zutaten auf der Zutatenliste stehen haben sollten – wenn sie dann noch als natürliche Nahrungsmittel zu erkennen sind, passt das jeweilige Produkt sogar ins Clean Eating Konzept. Ein Beispiel dafür sind Vollkornnudeln, die natürlich ein industriell hergestelltes Produkt sind, wenn man sie im Supermarkt kauft. Meine Vollkornnudeln enthalten aber nur Dinkelvollkornmehl und Wasser, je nach Marke auch noch ein wenig Salz. Das sind alles Zutaten, die ich kenne, mit denen ich Nudeln auch selbst herstellen würde und es sind weniger als fünf Zutaten.
Lebensmittelzusatzstoffe
316 Lebensmittelzusatzstoffe sind in der EU zugelassen, die EU-Öko-Verordnung hingegen erlaubt nur 47 der 199 Zusatzstoffe – diesbezüglich lohnt sich also der Griff zum Bio-Produkt.
All diese Lebensmittelzusatzstoffe sind Stoffe, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um ihre Struktur, den Geschmack, ihre Haltbarkeit und die Farbe zu beeinflussen und um die Produktion der Lebensmittel sicherzustellen. Lebensmittelzusatzstoffe können sowohl synthetischer als auch natürlicher Herkunft sein. In der EU hat jeder zugelassene Lebensmittelzusatzstoff eine sogenannte E-Nummer („E“ steht für Europa). Zugelassen wird ein Stoff nur, wenn keine Gesundheitsrisiken bestehen. Außerdem müssen Zusatzstoffe auf dem Produkt kenntlich gemacht werden – sprich: sie müssen in der Zutatenliste stehen.
Um noch einmal zu den Backshop-Broten und -Brötchen vom Anfang zurück zu kommen: Von den 316 Lebensmittelzusatzstoffen sind „nur“ 199 im Backgewerbe erlaubt. Aber: bis zu 20 dieser Zusatzstoffe dürfen sich in einem einzigen Teig wiederfinden! Enthalten sind in Backshow-Waren beispielsweise Emulgatoren wie E 472e, die als „Teigverstärker“ fungieren und das Volumen des Teiges erhöhen und den Teig stabilisieren. Teig-„weichmachende“ Mittel sorgen für eine weiche Kruste und erhöhen die Haltbarkeit der Backwaren. Glucoamylase sorgt für eine bessere Bräunung der Backwaren und Cystein (E 920) wird dem Teig zugefügt, weil dadurch die Knetzeit verkürzt wird. Ascorbinsäure verändert die Eigenschaften des Mehls: Es bleibt durch die Zugabe länger lagerfähig und festigt die Klebstruktur.
Gruppierungen
Alle 316 zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe sind in Gruppierungen unterteilt, die sich nach dem Verwendungszweck der Stoffe richten:
- Antioxidationsmittel
- Backtriebmittel
- Komplexbildner
- Emulgator
- Farbstoff
- Festigungsmittel
- Farbstabilisator
- Geliermittel
- Geschmacksverstärker
- Konservierungsmittel
- Mehlbehandlungsmittel
- Mineralstoff
- Säure, Säuerungsmittel
- Säureregulator
- Schaummittel
- Schaumverhüter
- Schmelzsalz
- Stabilisator
- Süßungsmittel
- Treibgas, Schutzgas
- Trägerstoff, Füllstoff, Trennmittel
- Überzugsmittel
- Verdickungsmittel
- Vitaminwirksamer Stoff
- Feuchthaltemittel
Anhand von drei dieser Gruppierungen zeige ich dir beispielhaft, weshalb Lebensmittelzusatzstoffe überhaupt zur Verwendung kommen:
Antioxidationsmittel
Antioxidationsmittel schützen Lebensmittel vor der Oxidation. Die Oxidation ist eine chemische Reaktion, die bei Lebensmitteln durch Sauerstoff, Licht und Hitze hervorgerufen wird und vom Qualitätsverlust bis zum Verderben der Lebensmittel reichen kann.
Antioxidationsmittel sorgen dafür, dass Lebensmittel ihren Geschmack und ihre Farbe behalten und auch nach längerer Zeit noch genießbar sind und nicht verderben. Es gibt natürliche Antioxidationsmittel sowie künstliche. Ein natürliches Antioxidationsmittel hat jeder von uns schon einmal verwendet: Um zu verhindern, dass Äpfel oder Avocados braun und unansehnlich werden, geben wir etwas Zitronensaft darauf. Das in der Zitrone enthaltene Vitamin C (Ascorbinsäure) ist ein natürliches Antioxidationsmittel und wird deshalb vielen Lebensmitteln zugefügt – in der Regel werden diese dann aber künstlich hergestellt.
Künstliche Antioxidationsmittel sind beispielsweise Gallate (E 312 – E 320). Diese werden zum Beispiel pflanzlichen Ölen und Margarine hinzugefügt, um zu verhindern, dass diese ranzig werden.
Emulgatoren
Emulgatoren verbinden zwei Flüssigkeiten miteinander, die sich eigentlich nicht mischen lassen (zum Beispiel Wasser und Öl). Emulgatoren sind fett- und wasserlöslich. Eigelb ist beispielsweise ein natürlicher Emulgator und wurde als erster Emulgator in der Lebensmittelproduktion eingesetzt. Da Eigelb aber nur kurz haltbar ist, wechselten die Hersteller zu Lecithin (E 322), das aus Sojabohnen gewonnen wird. Heute gibt es eine Vielzahl an Emulgatoren, die bei der Herstellung von Saucen, Margarine und Fertiggerichten eine wichtige Rolle spielen.
Geschmacksverstärker
Geschmacksverstärker sind Zusatzstoffe die den Geschmack verstärken. Der bekannteste Geschmacksverstärker ist Glutamat (E 620). Glutamat steckt von Natur aus in verschiedenen Lebensmitteln wie zum Beispiel Tomaten, Käse und Fleisch – als industrieller Geschmacksverstärker hat es aber einen schlechten Ruf. So soll Glutamat Unverträglichkeiten auslösen und für Gewichtszunahmen verantwortlich sein, da der Appetit angeregt wird. Auch Hefeextrakt enthält Glutamat, das chemisch identisch mit dem industriellen Zusatzstoff ist und kommt häufig bei Nahrungsmitteln zum Einsatz, die mit dem Hinweis „ohne Geschmacksverstärker“ gekennzeichnet werden (zum Beispiel Gemüsebrühen). Hier wird sogenanntes „Clean Labelling“ betrieben: Der Hersteller wirbt damit, keinen Geschmacksverstärker zu verwenden. Diese Deklaration ist erlaubt, weil es sich bei Hefeextrakt nicht um einen Lebensmittelzusatzstoff im Sinne der deutschen Zusatzstoff-Verordnung handelt.
Fazit
Beim Clean Eating ist es besonders wichtig, die Zutatenliste zu lesen. Ich persönlich möchte all diese Lebensmittelzusatzstoffe nicht in meinem Essen haben. Das Beste ist deshalb natürlich, möglichst wenige industriell hergestellte Nahrungsmittel zu essen – und gleichzeitig möglichst viel selbst zu kochen. Nur so weiß man mit 100%iger Sicherheit, welche Zutaten sich in seinem Essen befinden und kann Zusatzstoffe vermeiden.
Über 90 passende Rezepte findest du in meinem Buch „Clean Eating Basics“!
2 Kommentare zu „Clean Eating: Zutatenlisten richtig lesen und Zusatzstoffe vermeiden“
Pingback: Wochenrückblick 29/2016 – Maschseefest in Hannover & Boss Hoss in Hamburg
Ich würde mich riesig freuen, wenn diese Ernährungsampel (sofern sie echt und gesund wäre), in der EU eingeführt wurde. Es ist dermaßen krass, wieviele küstliche Stoffe in einem „LEBENS“-Mittel drin stecken. Da muss man sich über die vielen Zivilisationskrankheiten nicht wundern…